Archive for Februar, 2022

An einem Tag im Februar

Februar 28, 2022

Was war denn das für ein Februar? Können Sie sich noch an den letzten erinnern. Genau! Da gab es Schnee und Eis, der öffentliche Personennahverkehr brach zusammen und Deutschland stand am Rande des Abgrunds. Da ging die Welt noch vernünftig unter.

Und dieses Jahr? Nass, grau in grau, Temperaturen weit über dem Gefrierpunkt, windig bis stürmisch. Dieses Jahr musste sogar die Bundespolizei ran und einen ICE nach einer Bombe durchsuchen, um eine wenigstens halbwegs adäquate Fahrplanstörung bei der Deutschen Bahn zu produzieren.

Aber zurück zum Wetter, wenn man es denn als solches noch bezeichnen kann. Jeden Tag das gleiche Bild: trübe, wolkig, Nieselregen. Da scheucht man nicht mal den eigenen Hund vor die Tür. Zum Glück habe ich gerade keinen.

Hinzu kommt, dass es trotz großer Fenster nicht mal richtig hell wird in meiner Wohnung. Was also tun? Zurück ins Bett kriechen und auf den nächsten Tag warten? Oder schon mal mittags die Flasche Rotwein aufziehen? Kann man machen, ist aber vor einem Nachtdienst nicht das richtige Mittel, seine Vorgesetzten zu erfreuen. Obwohl man vielleicht so manchen Anrufer an der 110 besser verstehen könnte. Aber das ist ein anderes Kapitel.

„Geh doch mal Spazieren!“, hat mir ein Bekannter vorgeschlagen. „Weißt doch: Es gibt kein schlechtes Wetter, nur unzweckmäßige Kleidung.“ Spaziergänge sind gerade sehr in Mode. Gesagt, getan. Aber was man da für Leute trifft …

Bleibt wohl doch nur die Glotze. Nun bin ich aber nicht der Mensch, der mit Formaten wie „Auf Streife im Irgendwo“, „Die Trümmerprofis“ oder sonstigen Doku-Soaps zurechtkommt. Nein ich brauche was Handfestes: Die Küchenschlacht beispielsweise. Sechs Kandidaten kochen um die Wette und zaubern dabei tolle Rezepte hervor, von denen ich mich gerne anregen lasse.

Letztens war wieder etwas dabei, bei dem ich mir sagte: „Das könntest du auch mal nachkochen!“

„Vergiss es!“, kam es aus der Küche zurück.

„Wie bitte?“, fragte ich. „Wer spricht da?“

„Ich! Dein Vorratsschrank!“, kam es zurück. „Ich bin voll bis oben hin. Und außerdem stapelst du schon Vorräte auf der Arbeitsplatte.“

Ich warf einen Blick in die Küche. Er hatte recht. Für einen Ein-Personen-Haushalt lag da eine Menge rum. Für die nächsten anderthalb Jahre sollte das reichen.

„Dann werde ich bei der nächsten Quarantäne oder dem nächsten Lockdown wenigstens nicht verhungern“, sagte ich vor mich hin.

Kreischendes Gelächter ertönte aus dem Badezimmer.

„Schau dich doch mal an!“, rief der Spiegel.

„Du kannst gar nicht verhungern!“, vollendete die Waage.

„Also bitte!“, sagte ich. „Nur weil ich ein bisschen zu klein für mein Gewicht bin? Außerdem habe ich schon lange nicht mehr auf dir gestanden!“

„Zum Glück!“, antwortete die Waage. „Das wäre ja noch schöner, dich auch noch tragen zu müssen. Alles hat seine Grenzen.“

„So hat jeder seine Aufgaben“, sagte ich, während ich mich wieder auf die Couch fläzte.

„Na toll!“, sagte die. „Und ich muss das wieder aushalten.“

„Du könntest dich auch mal wieder mit mir beschäftigen“, schlug mein Laptop vor. „Schreib doch eine schöne Geschichte. Außerdem fliegst du demnächst in den Urlaub, da musst du schnell noch eine hinterher legen.“

„Dazu brauch ich erst mal eine Idee“, seufzte ich.

„Die wirst du wohl kaum bekommen, wenn du auf dem Sofa rum lümmelst und Chips in dich hineinstopfst“, sagte der Computer vorwurfsvoll.

„Lass uns da aus dem Spiel!“, klang es aus der Tüte auf dem Couchtisch. „Wir liegen hier nur rum, und dass nicht von allein.“

Meine Einrichtung hatte sich offensichtlich gegen mich verschworen. War das eine beginnende Winterdepression? Oder machte ich mich das Wetter einfach nur wahnsinnig?

„Jetzt langt es aber!“, rief ich. – Stille!

Etwas hatte sich verändert. Draußen war es dunkler geworden. Im Fernseher lief auch nicht mehr die Küchenschlacht sondern irgendeine Soko ermittelte. Zeit, sich auf den Nachtdienst vorzubereiten. Wenigstens war ich an diesem Tag ausgeschlafen.