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Du hast die Wahl

September 6, 2013

Liebe LeserInnen (ja auch ich unterliege manchmal dem Gender-Mainstream), es ist mal wieder so weit! Am 22. September ist Bundestagswahl.

Und wir haben die Qual der Wahl.

Gewählt wird der 18. deutsche Bundestag, in dem über sechshundert Plätze zu füllen sind, die dann meist doch leer bleiben, weil unsere gewählten Volksvertreter besseres zu tun haben, als das Volk zu verkau … äh, zu vertreten.

Aber wen sollen wir denn nun wählen? Wenn ich mir die Gestalten auf den Plakaten anschaue, würde ich denen noch nicht mal einen Staubsauger an der Haustür abkaufen. Und die sollen meinen Willen beziehungsweise den des Volkes vertreten?

Schwer vorstellbar. Und trotzdem werden sie gewählt – irgendwie, meist ja nur über die Liste, auf der sie mit viel Glück einen vertretbaren Platz ergattert haben.

Um dem Bürger, die Entscheidung zu erleichtern, gibt es den Wahlkampf, der jetzt gerade in seine heiße Phase tritt.

Derzeit wird von den Politikern gepoltert und gewettert, dass die Schwarte kracht. Am meisten natürlich von der Opposition, denn die hat ja bislang nichts mitentscheiden dürfen, muss aber zwangsläufig gegen alles sein, was von der derzeitigen Regierung zu vertreten ist.

Da kam der Skandal um die Ausspähung durch die NSA gerade zur rechten Zeit. Ganz klar hat da die derzeitige Regierung versagt. Nur wer das alles erst ermöglicht hat, damals nach den Anschlägen vom 11. September – das wird besser nicht erwähnt. Deswegen wird dieses Thema auch nur noch auf kleiner Flamme weiter geköchelt. Könnte sonst peinlich werden.

Da lobe ich mir doch die Wahlplakate mit ihren kurzen und knackigen Slogans. Da sind die Falschaussagen auf den ersten Blick nicht zu erkennen.

Auf meinem Lieblings-Wahlplakat ist so ein Rotzlöffel mit Basecap zu sehen. Der Spruch darüber: Ich will eure Schulden nicht! Und du?

So einen ähnlichen Spruch hab ich letzten in meiner Bank abgelassen. „Ich will meine Schulden nicht!“, hab ich zu dem Banker gesagt. Der hat gelächelt und geantwortet: „Aber wir wollen, dass Sie Ihre Schulden behalten!“

Damit schließt sich der Kreis zum Spitzenkandidaten der Partei, die dieses Plakat hat aufhängen lassen. Der hat nämlich genau das Gegenteil gesagt: Ich will eure Schulden! Zwar nicht wörtlich, aber er meint es so, denn er ist für die europäische Schuldenunion. Also wir zahlen dann auch die Schulden ab, die andere machen. Gut, eigentlich machen wir das schon jetzt, aber angeblich besteht ja die Hoffnung, dass wir das Geld, das wir in die maroden südeuropäischen Staaten pumpen, wiedersehen. In diesem Punkt entwickelt unsere Regierung geradezu kirchlichen Charakter. In der Kirche wird einem ja auch erzählt, dass der Messias kommt – irgendwann.

Schulden ist derzeit sowieso ein beliebtes Thema. Und alle versprechen uns auch auf den Plakaten, dass es keine neuen geben wird, selbst unser Bundesrollstuhlfahrer als oberster Hüter der Finanzen ist der festen Überzeugung, dass es keine neuen Schulden geben wird, obwohl er es besser wissen müsste, denn gleichzeitig erarbeitet er neue Bürgschaften für Länder, die hoch in der Kreide stehen und nicht mehr ein noch aus wissen.

Auf der anderen Seite versprechen uns auch alle, dass es keine neuen Steuern geben wird – außer vielleicht die Linken, die die Millionärssteuer einführen wollen. Aber sonst? Na gut, eventuell hier oder da noch ’ne kleine Abgabe. Das ist ja keine Steuer, auch wenn wir gleich wohl unser Geld an den Staat abgeben. Es kommt halt auf den Wortlaut an.

Ein sehr schönes Plakat ist übrigens auch das unserer Kanzlerin, von dem sie mit herabgezogenen Mundwinkeln lächelt. „Gemeinsam erfolgreich“ steht darauf geschrieben.

Das kann ich mir wiederum sehr gut vorstellen, wie unsere Mutti aus der Uckermark in einem senffarbenen Hosenanzug vor den Menschen steht, die gespreizten Finger aneinander presst und sagt: „Für die Probleme dieses Landes müssen wir eine gemeinsame Lösung finden!“ Das sagt sie immer, egal wo sie sich aufhält. Und hat damit auch immer Recht.

Deshalb kann ich Vico von Bülow nur zustimmen, der einmal geäußert hat: „Der beste Platz für Politiker ist das Wahlplakat. Dort ist er tragbar, geräuschlos und leicht zu entfernen.“

Dennoch geht es leider nicht ganz ohne sie. Also, gehen Sie wählen! Bestimmen Sie selbst, von wem sie zukünftig verschaukelt werden wollen. Nur dann haben Sie auch ein Recht, sich darüber zu beschweren.